AO-SF Verfahren - Sonderpädagogisches Förderbedarf & Inklusion NRW

AO SF  Verfahren in NRW - Sonderpädagogischer Förderbedarf & Inklusion NRW

Nordrhein-Westfalen hatte bereits vor der Ratifizierung der UN Behindertenkonvention den sonderpädagogischen Förderbedarf und Möglichkeiten der Inklusion (gemeinsamer Unterricht) in der AO SF NRW (Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung) geregelt.

Als erstes Bundesland war NRW dann auch auf dem Sprung, ein Recht auf Inklusion einzuführen, musste dies aber zweimal im letzten Moment abblasen, weil die Kommunen dagegen protestierten, weil sie annahmen, dass dies vor allem für sie Kosten beinhalten (Bezahlung von Schulbegleitern, behindertengerechte Einrichtung von Schulen).

Kaum war das Recht auf Inklusion eingeführt, musste es auch schon wieder begrenzt werden, weil Schulen einen massiven Missbrauch betrieben und zahlreiche Kinder in den sonderpädagogischen Förderbedarf zu drängen versuchten, um an Ressourcen zu gelangen. Auch wenn die AOSF  NRW eingeschränkt wurde, ist allerdings der Missbrauch nach wie vor sehr groß...

Weitergehende Informationen zu diesem und allen anderen wichtigen schulrechtlichen Themen finden Sie auch auf meiner neuen Website anwalt-fuer-schulrecht.online.

Feststellung sonderpädagogischer Förderbedarf in NRW

Faktisch und auch rechtlich gibt es natürlich keine Probleme, wenn sich alle einig sind: Möchten Eltern selbst sonderpädagogischen Fördervedarf, so stellen Sie einen Antrag, das Kind wird pro forma von einem Sonderpädagogen untersucht und der sonderpädagogische Förderbedarf festgestellt.  In § 11 AO SF NRW heißt es:

(1) Die Eltern stellen über die allgemeine Schule bei der gemäß § 10 Absatz 2 zuständigen Schulaufsichtsbehörde einen Antrag auf Eröffnung des Verfahrens zur Feststellung des Bedarfs an sonderpädagogischer Unterstützung.
(2) Bereits bei der Anmeldung ihres schulpflichtigen Kindes zur Schule können die Eltern den Antrag stellen
1. bei der zuständigen Grundschule,
2. in den Fällen von § 3 Nummer 2 bis 5 auch bei einer Förderschule.

Ganz anders ist es in den Fällen, bei de nen Schulen versuchen, Kinder in den sonderpädagogischen Förderbedarf zu drängen, um an Ressourcen zu gelangen. Gefährdet ist im Grunde genommen jeder, der nicht nach Schema F läuft, also vor allem verhaltensauffällige oder lernschwache Kinder. Zu den gefährdeten Kindern können bereits solche mit ADHS oder einer starken  Legasthenie oder Dyskalkulie gehören.

Da Schulen solche Anträge überzogen, hat der Gesetzgeber die Notbremse gezogen und die Möglichkeiten, dass ein solches Verfahren durch die Schule gegen den Willen der Eltern eingeleitet wird, eingeschränkt - was Schulen freilich nicht davon abhält, es trotzdem zu versuchen... In § 12 AO SF NRW heißt es:

(1) In Ausnahmefällen kann eine allgemeine Schule einen Antrag auf Eröffnung des Verfahrens nach vorheriger Information der Eltern unter Angabe der wesentlichen Gründe stellen, insbesondere
1. wenn eine Schülerin oder ein Schüler nicht zielgleich unterrichtet werden kann oder
2. bei einem vermuteten Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung, der mit einer Selbst- oder Fremdgefährdung einhergeht.
(2) Ein Verfahren wird nur dann eröffnet, wenn die Schule dargelegt hat, dass sie alle ihre Fördermöglichkeiten ausgeschöpft hat.
(3) Bei einem vermuteten Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Lernen kann die Schule den Antrag in der Regel erst stellen, wenn eine Schülerin oder ein Schüler die Schuleingangsphase der Grundschule im dritten Jahr besucht; nach dem Ende der Klasse 6 ist ein Antrag nicht mehr möglich.
(4) In den übrigen Förderschwerpunkten ist nach Abschluss der Klasse 6 ein Verfahren nur noch in Ausnahmefällen durchzuführen.

Diese "Ausnahmefälle" werden freilich von den Schulen weit ausgelegt, so dass nach wie vor eine Antragsschwemme in NRW vorliegt...

Ungeachtet dessen versuchen viele Schulen auch, die höheren Voraussetzungen zu umgehen, indem sie Eltern massiv unter Druck setzen, einen Antrag auf Einleitung eines AO-SF-Verfahrens selbst zu stellen. Hier gilt wie immer: Unterschreiben Sie niemals etwas in der Schule bevor Sie mich zumindest angerufen  und wir das durchgesprochen haben!

In Nordrhein-Westfalen muss man demnach sehr vorsichtig sein, sobald von sonderpädagogischem Förderbedarf oder einem AO-SF-Verfahren die Rede ist, denn entgegen der Versprechungen der Schule wird meist nur einem geholfen und das ist der Schule selbst und zwar auf Kosten des Kindes!

So bekommen verhaltensauffällige Kinder bei sozial-emotionalem Förderbedarf zwar nach wie vor denselben Schulstoff, werden dafür aber noch mehr stigmatisiert als zuvor und haben dann auch Probleme, sich in weiterführenden Schulen die Wunschschule auszusuchen. Und lernschwache Kinder, die Förderbedarf Lernen (Lernbehinderung) erhalten, werden regelmäßig nicht an die Klasse herangeführt, sondern immer weiter davon weg...

Und wenn man erst einmal sonderpädagogischen Förderbedarf hat, ist es nahezu unmöglich, diesen wieder loszuwerden. Zwar gibt es in der AO SF NRW eine jährliche Überprüfung, ich habe aber noch nie gehört, dass dort der sonderpädagogische Förderbedarf freiwillig aufgehoben wurde. Will man das, dann hat man regelmäßig nur eine Chance, wenn ich dies im Rahmen eines Vertretungsmandats beantrage.

Werden Sie also mit sonderpädagogischem Förderbedarf oder einem AO-SF-Verfahren konfrontiert, dann sollten sich zumindest wegen einer Erstberatung bei mir melden, damit wir sehen können, was man machen kann.

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Recht auf Inklusion in NRW

NRW hat das Recht auf Inklusion in § 20 SchulG NRW geregelt, zugleich aber von Beginn an eingeschränkt:

(1) Orte der sonderpädagogischen Förderung sind
1. die allgemeinen Schulen (allgemein bildende Schulen und Berufskollegs),
2. die Förderschulen,
3. die Schulen für Kranke (§ 21 Abs. 2).
(2) Sonderpädagogische Förderung findet in der Regel in der allgemeinen Schule statt. Die Eltern können abweichend hiervon die Förderschule wählen.
(3) In der allgemeinen Schule wird der Unterricht als Gemeinsames Lernen für Schülerinnen und Schüler mit und ohne Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Klassenverband oder in der Lerngruppe erteilt. Er erstreckt sich auf alle Unterrichtsvorgaben nach § 19 Absätze 3 und 4. Hierbei sind Formen innerer und äußerer Differenzierung möglich. Dies gilt auch für die Schülerinnen und Schüler, die zieldifferent unterrichtet werden.
(4) In besonderen Ausnahmefällen kann die Schulaufsichtsbehörde abweichend von der Wahl der Eltern die allgemeine Schule anstelle der Förderschule oder die Förderschule anstelle der allgemeinen Schule als Förderort bestimmen. Dies setzt voraus, dass die personellen und sächlichen Voraussetzungen am gewählten Förderort nicht erfüllt sind und auch nicht mit vertretbarem Aufwand erfüllt werden können. Die Schulaufsichtsbehörde legt die Gründe dar und gibt den Eltern die Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Gleichzeitig informiert sie über weitere Beratungsangebote.
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Tatsächlich war es jahrelang Konsens, dass das Recht auf Inklusion tatsächlich nur in "besonderen Ausnahmefällen" aufgehoben werden kann. Dies hat sich seit etwa 2018 zusehends geändert und zahlreiche Schulen und Schulämter in NRW versuchen, vor allem verhaltensauffällige Schüler an Sonderschulen zu verschieben. Sollte Ihnen dies angedroht werden, sollten Sie deshalb schnellstmöglich über eine anwaltliche Vertretung nachdenken, da ich zahlreiche Fälle kenne, bei denen dies ansonsten knallhart durchgezogen wurde!

Auch im Bereich der Inklusion wird freilich wenig getan, was insbesondere Kinder mit dem sonderpädagogischen Förderbedarf Lernen zu spüren bekommen: Eigentlich sollte sie über die Inklusion  möglichst an Ihre Klasse herangeführt werden, tatsächlich entfernen sie sich aber meist immer weiter von ihren Mitschülern... Bis dann irgendwann gefragt wird, ob man nicht doch lieber auf eine Förderschule möchte.

Sollten Sie vorstehende Probleme bei der Umsetzung des Rechts auf Inklusion in NRW haben, dann melden Sie sich bei mir

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