Sonderpädagogischer Förderbedarf & Inklusion Hessen

Sonderpädagogischer Förderbedarf & Inklusion Hessen

Hessen hat im Nachgang zur Ratifizierung der UN-Behindertenkonvention den sonderpädagogischen Förderbedarf und die Inklusion vergleichsweise spät neu geregelt und auf ein Recht auf Inklusion verzichtet. Ungeachtet dessen gibt es inklusiven Schulunterricht in Hessen.

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Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs in Hessen

Keine Probleme gibt es immer, wenn alle einer Meinung sind: Bei sonderpädagogischem Förderbedarf ist dies der Fall, wenn sowohl Eltern als auch die Schule der Meinung sind, dass das Kind sonderpädagogischen Förderbedarf benötigt. Dann wird ein in Hessen Förderausschuss einberufen und auf Basis des sonderpädagogischen Gutachtens einvernehmlich entschieden.

Anders ist es dann, wenn Schulen versuchen, Eltern zu sonderpädagogischem Förderbedarf zu überrumpeln, weil die Kinder nicht nach Schema F laufen, um an zusätzliche Ressourcen zu gelangen. Dies ist vor allem bei verhaltensauffälligen oder lernschwachen Kindern immer wieder der Fall. Schulen können in diesem Fall auch gegen den Willen der Eltern ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs einleiten. Auf Basis der Neuregelung in Hessen, müssen Sie dies nicht einmal mehr beim Schulamt beantragen, sondern können direkt einen Förderausschuss einberufen. In § 9 Abs. 1 VOSB heißt es:

Wenn ein Anspruch auf sonderpädagogische Förderung in Betracht kommt oder bereits besteht und keine unmittelbare Aufnahme an einer Förderschule nach § 17 erfolgt, richtet die Schulleiterin oder der Schulleiter der allgemeinen Schule einen Förderausschuss nach § 10 ein. Sie oder er holt beim zuständigen regionalen Beratungs- und Förderzentrum oder im Fall des § 25 Abs. 6 über dieses bei einem überregionalen Beratungs- und Förderzentrum oder einer fachlich zuständigen Förderschule eine förderdiagnostische Stellungnahme ein. Zusätzlich kann sie oder er ein schulärztliches Gutachten, in Zweifelsfällen ein schulpsychologisches Gutachten, in den Fällen des § 54 Abs. 7 des Schulgesetzes eine Stellungnahme der Schulaufsichtsbehörde einholen.

Hierbei wird gerne übersehen, dass die VOSB als Vorstufen zur Einleitung des Verfahrens zur Feststellung sonderpädagogischen Förderbedarfs zahlreiche Präventivmaßnahmen vorsieht, die erst einmal durchlaufen werden müssen, bevor man beim sonderpädagogischen Förderbedarf anbelangt...

Wer der Meinung ist, dass sein Kind keinen sonderpädagogischen Förderbedarf benötigt, sollte sich jedenfalls immer frühzeitig wehren, denn ansonsten rollt die Maschinerie an und man kommt nie wieder aus dieser heraus: der Sonderpädagoge stellt regelmäßig fest, was die Schule hören will, ohne sich groß mit Einwänden der Eltern auseinanderzusetzen, die Eltern können dann zwar im Förderausschuss immer noch dagegen stimmen, doch die Letztentscheidung hat dann das Schulamt (§ 54 Abs. 5 HSchG), das regelmäßig mit den Feststellungen des Sonderpädagogen konform geht. In § 54 Abs. 5 Schulgesetz Hessen heißt es:

(5) Kann sich der Förderausschuss nicht auf eine Empfehlung einigen, entscheidet die Schulaufsichtsbehörde im Benehmen mit der Schulleiterin oder dem Schulleiter auf der Grundlage der Stellungnahme sowie der gegebenenfalls eingeholten Gutachten nach Abs. 2 Satz 3, des betreffenden Förderschwerpunkts sowie der Festlegung des inklusiven Schulbündnisses nach § 52 Abs. 2 Satz 1. Der Widerspruch und die Anfechtungsklage gegen eine Entscheidung nachSatz 1 und Abs. 4 haben keine aufschiebende Wirkung. 

Insofern sollte man sich möglichst frühzeitig wehren, denn sonderpädagogischer Förderbedarf führt meist zu Nachteilen:  Kinder mit sozial-emotionalem Förderbedarf werden dann meist noch mehr stigmatisiert als zuvor und wer einen Förderbedarf Lernen erhält, der wird binnendifferenziert beschult und entfernt sich meist immer weiter vom Lernstoff der Klasse.

Und wer erst einmal sonderpädagogischen Förderbedarf hat, der wird diesen meist nie wieder los, auch wenn alle 2 Jahre eine Regelüberprüfung vorgesehen ist (§ 11 VOSB). Diese bestätigt regelmäßig nur den Status, ohne dass der sonderpädagogische Förderbedarf ernsthaft in Frage gestellt wird...

Steht ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Raum, dann unterschreiben Sie nichts (!) und sollten sich zumindest wegen einer Erstberatung bei mir melden.

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Kein Recht auf Inklusion in Hessen

In Hessen gibt es zwar kein Recht auf Inklusion, es ist aber dennoch der Normalfall, dass Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf inklusiv beschult werden.

Auch in Hessen gibt es dabei die typischen Defizite inklusiver Beschulung: Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf Lernen haben das Recht, über die Inklusion  möglichst an Ihre Klasse herangeführt zu werden, tatsächlich entfernen sie sich aber meist immer weiter von ihren Mitschülern. Und Kinder mit sozial-emotionalem Förderbedarf werden meist  noch mehr stigmatisiert als zuvor und mitunter unter Druck gesetzt, die Schule "freiwillig" zu verlassen. 

Da in Hessen kein Recht auf Inklusion besteht, kann es bei gravierenderen Problemen mit der Schule dann auch dazu kommen, dass die Inklusion in Frage gestellt wird. In § 54 Abs. 4 HSchG heißt es:

Kann an der zuständigen allgemeinen Schule die notwendige sonderpädagogische Förderung nicht oder nicht ausreichend erfolgen, bestimmt die Schulaufsichtsbehörde auf der Grundlage der Empfehlung des Förderausschusses nach Anhörung der Eltern im Einvernehmen mit dem Schulträger im Rahmen der Festlegung des inklusiven Schulbündnisses nach § 52 Abs. 2 Satz 1, an welcher allgemeinen Schule oder Förderschule die Beschulung erfolgt. 

Auch in Hessen ist daher festzuhalten, dass es zwar kein Recht auf Inklusion gibt, das Verbringen in eine Sonderschule allerdings hohen Anforderungen unterliegt  - auch wenn dies seitens der Schulen mitunter anders kommuniziert wird... Man sollte sich demnach nicht vorschnell entmutigen lassen und um den Verbleib des Kindes an der Regelschule kämpfen. Sollten Sie Gefahr laufen, in eine Sonderschule abgeschoben zu werden, dann melden Sie sich bei mir

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